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Änderungen zur Betriebsstättenbesteuerung durch das geplante JStG 2013

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StB Dr. Axel Nientimp, Partner von Deloitte, Düsseldorf

Der Referentenentwurf vom 5. 3. 2011 für ein JStG 2013 sieht in Art. 5 umfangreiche Änderungen von § 1 AStG vor, wodurch eine nationale Rechtsgrundlage für die uneingeschränkte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf grenzüberschreitende Betriebsstättenfälle geschaffen werden soll. Hierdurch soll die internationale Gewinnabgrenzung bzw. Gewinnverteilung für KapGes., PersGes. und Betriebsstätten einheitlich geregelt werden. Insbesondere soll die internationale Gewinnabgrenzung zwischen Betriebsstätten an den neuen „Authorised OECD Approach“ (AOA) angepasst werden. Da der Fremdvergleichsgrundsatz für die Betriebsstättengewinnabgrenzung im nationalen Steuerrecht bisher nur unvollständig in § 4 Abs. 1 EStG und § 12 Abs. 1 KStG kodifiziert ist, wird hier eine Lücke zu dem AOA geschlossen, wie er in dem neuen Art. 7 OECD-MA, dem Musterkommentar hierzu, sowie im OECD-Betriebsstättenbericht vom 22. 7. 2010 verstanden wird. Nach dem Entwurf von § 1 AStG sollen Betriebsstätten als fiktiv eigenständige und unabhängige Unternehmen behandelt werden. Hierzu werden einer Betriebsstätte zunächst Vermögenswerte sowie Chancen und Risiken zugeordnet. Entsprechend dem OECD-Betriebsstättenbericht erfolgt dies nach dem Konzept der „Personalfunktionen“ (significant people functions). Auf Grundlage dieser Zuordnung werden in einem zweiten Schritt „wirtschaftliche Vorgänge“ zwischen Stammhaus und Betriebsstätte als Geschäftsbeziehungen angesehen, für deren Verrechnungspreise der Fremdvergleichsgrundsatz gelten soll. Die Regelung ist analog auf ständige Vertreter anzuwenden.

Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Einkünftekorrekturnorm § 1 AStG auf Betriebsstättenfälle wird durch ein generelles Treaty-Override ergänzt. Die geplante Gesetzesänderung entfaltet allerdings dann keine Wirkung, wenn der Stpfl. nachweist, dass sich aufgrund der Regelungen des relevanten DBA nur ein geringeres Berichtigungspotenzial ergeben würde und der andere Staat sein Besteuerungsrecht entsprechend dem anzuwendenden Abkommen ausübt. Fraglich bleibt hier, wie der Stpfl. diese Nachweise erbringen soll.

Durch die dargestellten Änderungen soll eine umfassende Gewinnabgrenzungsvorschrift für Betriebsstätten eingeführt werden. Überraschenderweise erfolgt dies durch die Änderung und Ergänzung von § 1 AStG, der eine nur einseitig greifende Einkünftekorrekturvorschrift und keine Gewinnermittlungsvorschrift darstellt. Zwischen Stammhaus und Betriebsstätte werden „anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen“ (dealings) fingiert, deren Verrechnungspreise dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen müssen. Die Übertragung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte wird bereits in der einkommensteuerlichen Gewinnermittlungsvorschrift des § 4 Abs. 1 EStG (und analog in § 12 KStG) behandelt. Somit stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der Vorschriften. Aufgrund seiner systematischen Stellung stellt der § 4 EStG eine Gewinnermittlungsvorschrift dar. Eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG kann erst auf einer der Einkünfteermittlung nachgelagerten Stufe vorgenommen werden. Somit kommt § 4 Abs. 1 EStG vorrangig zur Anwendung. Da jede Zuordnung eines Wirtschaftsguts zu einer ausländischen Betriebsstätte sowohl in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 EStG (bzw. § 12 Abs. 1 KStG) als auch in den Anwendungsbereich des § 1 AStG fällt und beide Vorschriften dasselbe Ziel haben, stellt sich die Frage, warum hierfür keine einheitliche Bewertungsvorschrift vorgegeben wird.

Wird ein Wirtschaftsgut auf eine EU-Betriebsstätte überführt, kann die Besteuerung der stillen Reserven, die aufgrund der fiktiven Entnahme i. R. des § 4 Abs. 1 EStG (bzw. § 12 Abs. 1 KStG) aufgedeckt wurden, nach § 4g EStG durch Bildung eines Ausgleichspostens auf eine Dauer von 5 Jahren gestreckt werden. Im Rahmen der Neuregelung des § 1 AStG wird klargestellt, dass die Möglichkeit, einen solchen Ausgleichsposten zu bilden, nicht eingeschränkt wird. Für Berichtigungen nach § 1 AStG sieht die geplante Gesetzesänderung allerdings keinerlei Ausgleichsposten vor, sodass es bei einer Entstrickung nach § 1 AStG insoweit zu einer Sofortbesteuerung kommt. Nach der EuGH-Entscheidung vom 29. 11. 2011 in der Rs. National Grid Indus (Rs. C-371/10, DB0462535) ist dies aufgrund der hieraus folgenden Beschränkung der Niederlassungsfreiheit europarechtlich äußerst bedenklich.

Strittig ist bisher, ob die bestehenden Regelungen des § 1 AStG auch auf Geschäftsbeziehungen unter Beteiligung von PersGes. und Mitunternehmerschaften angewendet werden können. Durch die Neuregelungen soll nunmehr festgeschrieben werden, dass § 1 AStG auch für solche Geschäftsbeziehungen Gültigkeit hat.

In § 1 Abs. 4 AStG findet sich bisher die Konkretisierung des Schätzungsmaßstabs, sollte aufgrund einer festgestellten Fremdunüblichkeit der Verrechnungspreise eine Schätzung notwendig sein. Dieser im Gesetz festgelegte Maßstab der Kapitalverzinsung oder Umsatzrendite soll entfallen. Durch den geplanten Wegfall des bisherigen § 1 Abs. 4 AStG würde für zukünftige Fälle eine Konkretisierung des Schätzungsmaßstabs fehlen.

Einzelheiten zum Fremdvergleichsgrundsatz und seiner Anwendung sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden, für die § 1 Abs. 6 AStG-E eine sehr weitgehende Ermächtigungsgrundlage enthält.

(Zitiervorschlag: Nientimp, Steuerboard DB0471749)


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